01. September 2021

Wie wird ein Medikament für Kinder bzw. Jugendliche entwickelt?

Die Entwicklung neuer Medikamente für Kinder und Jugendliche ist ein langer und genau reglementierter Prozess, der in mehreren Phasen abläuft:

– Präklinische Studien
– Klinische Arzneimittelprüfungen

  • Phase-I-Studie
  • Phase-II-Studie
  • Phase-III-Studie
  • Phase-IV-Studie

Präklinische Studien

Am Beginn einer Medikamentenentwicklung stehen sogenannte "präklinische Studien".

In diesen Studien wird zunächst nach Wirkstoffen mit möglichem therapeutischen Effekt gesucht. Hat man einen solchen Wirkstoff identifiziert, wird dieser intensiv in Laborversuchen, Zellkulturen und dann an Tieren getestet. Nur durch eine ausreichende Wirksamkeit in diesen Versuchsreihen wird der Wirkstoff auch weiterentwickelt. Im Vordergrund steht hier vor allem die intensive Beobachtung von möglichen Nebenwirkungen.

Klinische Arzneimittelstudien

Sobald sich eine Substanz als sicher und erfolgversprechend erweist, wird die klinische Arzneimittelprüfung am Menschen geplant. Diese besteht aus vier Phasen:

 

Phase I:
In der ersten Phase wird die verabreichte Menge (Dosis), die Verträglichkeit und die Verteilung des Arzneimittels im menschlichen Körper überprüft. An dieser Phase partizipieren nur wenige TeilnehmerInnen. An Kindern wird eine Phase I Studie nur in Ausnahmefällen durchgeführt, beispielsweise bei Erkrankungen, die lediglich im Kindesalter auftreten.

Phase II:
Aufbauend auf den Ergebnissen der Phase I wird das Arzneimittel in der zweiten Phase an einer größeren Gruppe von PatientInnen getestet, um die Wirksamkeit weitergehend zu prüfen. Die teilnehmenden Kinder und Jugendlichen werden vor Beginn der Phase sorgfältig ausgewählt. Dabei unterstützen vorab festgelegte Ein- und Ausschlusskriterien, wie die Altersgruppe oder das Stadium der Erkrankung.

Phase III:
An dieser Phase ist eine größere Anzahl an PatientInnen beteiligt, die über einen längeren Zeitraum an der Studie teilnehmen. Ein positives Ergebnis der Wirksamkeit führt in dieser Phase zu einer Zulassung des Medikaments durch die zuständige Behörde.
Bei erwiesener Wirksamkeit werden für die ausgewählte Substanz unterschiedliche Darreichungsformen entwickelt. Dazu gehören Flüssigkeiten für Spritzen und Infusionen, Säfte oder Tabletten zum Schlucken oder Sprays zum Inhalieren. Auch für die ordnungsgemäße Zulassung bei Kindern sind diese Studien notwendig. Je nach Art der Substanz werden die kindgerechten Formen, wie geeignete Tablettengrößen oder Säfte, an freiwilligen Erwachsenen oder an Erwachsenen mit einem fortgeschrittenen Erkrankungsbild getestet.

Für die optimale Bestätigung der Wirkung, aber auch um Nebenwirkungen systematisch zu ermitteln, werden zumindest zwei parallele TeilnehmerInnen-Gruppen miteinander verglichen. Ein Teil erhält das zu prüfende neue Medikament und eine Kontrollgruppe erhält die Standardbehandlung oder ein Scheinmedikament. Der Einsatz von sogenannten „Placebos“ erfolgt bei Studien mit Kindern oder Jugendlichen nur in Ausnahmefällen und in Kombination mit einem ausdrücklichen Hinweis.

Phase IV:
Auch nach einer erfolgreichen Zulassung wird ein Arzneimittel kontinuierlich geprüft und überwacht. Dabei soll vor allem beobachtet werden, ob die Behandlung durch das Medikament noch optimiert werden könnte. Durch die Überwachung von größeren PatientInnengruppen über einen längeren Zeitraum können außerdem seltene Nebenwirkungen sowie Wechselwirkungen besser beobachtet werden.